Als letzte Etappe auf unserer Zentralamerika Reise wollten wir unbedingt noch El Salvador besuchen. Na gut was heisst wir…ich wollte sehr gerne, aber es war etwas schwierig Cirill von Utila weg zu bekommen. Am liebsten wäre er noch lange dort geblieben.
Wir haben von Freunden die Nummer eines Bekannten bekommen der eine Reiseagentur hat und Fahrten für Touristen zwischen Honduras, Guatemala und El Salvador organisiert. Also beschlossen wir mit ihm die Reise zu buchen und hatten einen eigenen Fahrer der uns in 14 Stunden in einem normalen Auto von Honduras nach Santa Ana, El Salvador gefahren hat. Wir dachten erst, dass wir in einem Shuttle mit noch anderen Touristen reisen würden und waren erstaunt dass wir ganz alleine waren. Jedoch gibt es in El Salvador noch nicht wirklich viele Agenturen die Reisen anbieten, weil das Land touristisch im Vergleich zu den Nachbarländern Infrastrukturmässig nicht so gut erschlossen ist. Die Fahrt war eine der schlimmsten die ich je erlebt habe. Der Fahrstil in Zentralamerika ist nicht zu vergleichen mit Europa, geschweige denn der Schweiz. Sie fahren in unglaublich schnellem Tempo über schlechte Strassen, überholen in unübersichtlichen Kurven und fahren nicht vorausschauend und sind alle immer während der Fahrt mit ihrem Smartphone beschäftigt. Ganz normaler Fahrtstil in Zentralamerika. Als wir das Hochland in Guatemala überquerten fing es an zu regnen und dichter Nebel kam auf. Unser Fahrer war schon seit x Stunden unterwegs ohne Pause und am Tag zuvor auch schon 12 Stunden von El Salvador nach Honduras gefahren. Als ich von der Rückbank in den Rückspiegel blickte und ihn anschaute, merkte ich dass sein ober Körper zur Seite sackt und er in einen Sekunden Schlaf verfallen ist. Panisch griff ich seine Schultern und fragte ihn ob alles ok ist. Ich wollte sofort eine Pause und sagte zu ihm er solle bitte 30 Minuten schlafen, er jedoch wollte nicht und meinte er sei die ganze Zeit wach gewesen, musste nur seine Augen stark zu kneifen wegen der schlechten Sicht und der schlechten Strassen.Wir kauften ihm anschliessend ein Monster Energy Drink und fuhren weiter, aber ab diesem Moment betete ich nur noch dass wir lebend in Santa Ana ankommen und dass das nicht unsere letzte Fahrt war.Tatsächlich sind wir dann Abends nach 21:00 heil in unserem Hostel in Santa Ana angekommen und brauchten erst mal eine Runde Schlaf nach dieser aufgregenden Reise. Die nächsten Tage gestalteten wir erst mal etwas ruhiger und nahmen uns etwas Zeit um anzukommen.
In allen grossen Städten kann man eine Free Walking Tour mit Guru Guide Buchen die auf Spenden basiert. Das sind Locals die Touristen ihre Stadt zeigen und dafür kein festes Gehalt, sondern ein Trinkgeld nach Gutdünken erhalten. Wir haben das hier zum ersten Mal gemacht und fanden es Super! Wir waren 2 Stunden in der Stadt unterwegs wo wir viel Geschichtliches, aber auch Kulturelles aus erster Hand erfahren durften und waren auf Foodmärkten wo wir viele Lokale Speisen probierten.
El Salvador war die letzten Jahre immer wieder in den Schlagzeilen weil sie durch die Bandenkriminalität, hauptsächlich die MS-13 & Barrio-18, die 2. Höchste Mordrate Weltweit hatten. Bukele der seit 2019 als Präsident im Amt ist, hat im März 2022 im Land den Ausnahmezustand ausgerufen und hat seither nach monatlichen Abstimmungen im Parlament das Gesetz in der Hand und betreibt eine Diktatur. Er hat der Bandenkriminalität den Kampf angesagt und hat 75 000 mutmassliche Mitglieder der Maras hinter Gitter gebracht. Rund 2 Prozent der erwachsenen männlichen Bevölkerung sitzt hinter Gittern. Dafür liess er extra das grösste Gefängnis von zentral & Südamerika bauen das Platz hat für 40 000 Insassen. Nun hat El Salvador nicht mehr die 2. Höchste Mordrate, dafür aber die weltweit grösste Gefängnispopulation. Bukele wird in ganz Zentralamerika als Held gefeiert und sehr viele Einheimische in anderen Ländern mit denen wir ins Gespräch gekommen sind haben von ihm geschwärmt. Das war auch ein Grund wieso wir El Salvador unbedingt bereisen wollten und wussten dass es nun für uns sicher sein wird. Das Land hat sehr viel zu bieten, schöne Landschaften, Vulkane und berühmte Strände an denen erst gerade die Surfmeisterschaften ausgerichtet wurden. Die Menschen sind die liebsten und hilfsbereitesten die wir in ganz Zentralamerika angetroffen haben und wir haben uns immer sehr willkommen gefühlt. Trotzdem schüchtern einen die vielen Razzien auf den Strassen und die immerweilige Präsenz der Polizei und des Militärs in der Öffentlichkeit ziemlich ein. Vor jedem Laden, vor jeder Bank, vor jeder Schule steht ein bewaffneter Polizist mit einer riesen Knarre, den Finger am Abzug. Kleine Kioske sind immer vergittert wenn sie nicht bewacht werden, das ist hier die Realität im Alltag. Alle Mauern sind mit Stacheldraht umrandet und man sieht deutlich dass hier lange kein Leben in der Öffentlichkeit stattgefunden hat. Erst seit etwas mehr als einem Jahr, seit Bukele den Notzustand ausgerufen hat, trauen sich die Menschen wieder ein Leben in der Öffentlichkeit zu haben. In Pärken zu sitzen, draussen zu spielen und zu musizieren ohne Angst davor zu haben von den Maras erschossen zu werden. Ich fand die Zeit in Santa Ana sehr eindrucksvoll mit vielen intensiven Eindrücken, zum Teil auch beängstigend, aber es zeigt mir wieder wie gut wir es haben und wie dankbar wir sein dürfen!
Am vorletzten Tag haben wir noch eine Tour gebucht, die sogenannte Ruta de las Flores die im norden des Landes ca 32 Km über das Hochland geht. Man kann von Ahuachapan nach Sonsonate viele schöne Dörfer besuchen und sieht wunderschöne Kaffeeplantagen, Wasserfälle und Märkte.
Nach fast einer Woche die wir in Santa Ana verbrachten, wurde es mal wieder Zeit ans Meer zu fahren und noch mehr von El Salvador zu erkunden.
Fun Fact über El Salvador;
Am 2. Tag nach unserer Ankunft hatte ich etwas Magenprobleme und Cirill hat aus diesem Grund für uns extra ein Restaurant gesucht dass viele Suppen als Spezialität angeboten hat. Als ich die Karte sah, ist mir sofort die Sopa de Patas ins Auge gestochen…ach, wie herrlich, jetzt eine leckere Kartoffel Suppe für meinen angeschlagenen Magen! Als diese jedoch serviert wurde, sah es nach allem anderen aus als Kartoffel. Die Suppe hatte eine dicke Ölschicht oben drauf und Gemüse Stücke drinn und irgend etwas komisch fleischiges dass ich nicht identifizieren konnte… Als ich beim Kellner nachfragte ob das meine Kartoffel (im spanischen Patatas!) suppe sei, lachte er und erklärte mir dass ich die Sopa de Patas bestellt hatte, also Kuhfuss Suppe! 😉 Ist hier ein sehr traditionelles und beliebtes Gericht dass jeden Samstag frisch gekocht wird. Cirill war mutig und tauschte freundlicherweise mit mir seine Hühnersuppe und ass die Kuhfusssuppe.
Viola