Die erste Etappe unseres Roadtrips führte uns von Fes bis nach Midelt. Dabei durchquerten wir die Zedernwälder, Schluchten und Hochebenen des Mittleren Atlas. In der nähe von Azrou wollten wir im Reserve Naturelle de Cedres eine kurze Pause einlegen. Im Reiseführer war ein Picknick Platz beschrieben an dem es auch viel Berber Affen haben soll. Den Platz haben wir ohne grössere Probleme gefunden und von Affen hat es nur so gewimmelt, nur das mit dem Picknick hat nicht so geklappt wie gedacht. Nachdem uns die frechen Berber Affen ein ganzes Baguette, einen Apfel und einen Packung Tomaten geklaut hatten brachten wir unser essen ins Auto in Sicherheit. Nach den grünen Zedernwäldern entwickelte sich die Landschaft immer mehr zu einer kargen, felsigen und roten Landschaft welche genau so gut auf dem Mars hätte sein können. Nur selten trafen wir noch auf grössere Ortschaften, welche meist als Oasen in einer Schlucht lagen und von Dattelpalmen umgeben waren. In Midelt schliefen wir in einem einfachen Hotel bevor es am Nächsten Tag Richtung Merzouga weiter ging.

In Merzouga wollten wir uns mit Ahmed treffen, dem Vater von Ali welchen wir in Chefchouen kennengelernt haben. Ahmed hat mir am Vorabend seinen Standort durchgegeben welcher mitten im Nirgendwo lag. Am Nächsten Tag zogen wir also weiter durch die immer kargere Landschaft bis wir schliesslich den Punkt erreichten, wo wir von der Hauptstrasse abfahren mussten und über den steinigen Wüstenboden in Richtung einiger kleiner Häuser fuhren. Mit einem etwas mulmigen Gefühl schrieb ich noch einen Nachricht an meine Eltern mit unserem letzten Standort und der Telefonnummer welche wir von Ahmed hatten bevor wir kein Netz mehr hatten. Am vereinbarten Abholpunkt bei einer alten Kasbah, fragte uns jemand ob wir Viola und Cirill seien. Wir umfuhren das Haus und trafen dort auf Ahmed und Aziz, der für die kommenden Tage unser Guide war. Kaum angekommen, mussten wir uns Startklar machen für eine zweitägige Tour mit Dromedars und zwei Übernachtungen in der Wüste. Nach dem wir hektisch unser Zeug gepackt hatten ging es zuerst mit einen klapprigen Land Rover weiter in die Einöde. Schliesslich erreichten wir unsere beiden Dromedars Bob Marley und Jimmy Hendricks. Aziz schritt voraus und wir folgten Ihm auf unseren Dromedars hinein in die stürmische Wüste, in Richtung unseres ersten Nachtlagers. Unsere erste Nacht verbrachten wir bei Nomaden ganz in der Nähe der Grenze zu Algerien. Kurz nach dem Sonnenuntergang trafen wir bei der Nomaden Familie ein und wurden herzlich begrüsst und direkt zum Tee eigeladen. Unser Schlafplatz lag unter einem traditionellen Nomaden Zelt auf einer dünnen Matte direkt auf dem Boden. An unserem Schlafplatz bekamen wir ein vorzügliches Couscous serviert, welches wir gemeinsam mit Aziz teilten. Satt und glücklich verbrachten wir den Rest des Abends mit intensiven Gesprächen über unsere unterschiedlichen Leben mit Aziz und Ahmed, dem Vater der Nomaden Familie. Ausserdem wurden uns diverse Wörter in der Berbersprache gelernt. Zum Schluss des Abends teilte ich mit Aziz, noch etwas erworbene Schokolade aus Chefchouen. Wir legten uns draussen auf einen Teppich und bestaunten das riesige Sternenmeer mit Blick auf die komplette Milchstrasse. Ein unvergesslicher Moment.

Nach einer sehr kalten, aber erstaunlich bequemen Nacht wurden wir am Nächsten Morgen durch die Sonnen geweckt. Aziz hatte seine Nacht auf einem Teppich in der Nähe unseres Zeltes unter freiem Sternenhimmel verbracht. Nach einem ausgiebigen frühstück und Fussballspielen mit den beiden Nomaden Jungs in der warmen Morgensonne bis zur vollkommen Erschöpfung zogen wir zu dritt weiter. Die erste Etappe brachte uns bis am Mittag zu einem luxuriösen Wüstencamp am Rande der Sanddünen, wo wir uns etwas ausruhten während der brennenden Mittags Hitze. Um ca.13.30Uhr machten wir uns wieder auf in die Dünen, in Richtung einer Oase, wo das Mittagessen anstand. Dieser 3h Ritt durch die hohen Dünen war etwas vom schönsten was wir je erlebt haben, wir kamen aber auch sehr an unsere Grenzen, denn die Sonne brannte uns bei 38° auf die Köpfe. Der einzige der damit kein Problem hatte war natürlich Aziz der immer wieder betont hat, dass der Winter schon begonnen hat und wir Glück hätten, dass es so angenehm kühl sei. Nach dem langen Ritt waren wir froh, als nach der hundertsten Sanddüne endlich eine kleine Ansammlung von Bäumen zum Vorschein kam, welche die Oase markierte. Es gab ein wenig Schatten und einen tiefen Brunnen mit Wasser für die Dromedare. Was will man mehr mitten in der Wüste. Ahmed und einer seiner Mitarbeiter haben in der Oase schon mit Tee und diversen Leckereinen auf uns gewartet. Diese Leckereien mussten wir etwas später gegen unsere Dromedare verteidigen was uns nur mässig gelang. Nach einem kleinen Nickerchen und interessanten Gesprächen mit Aziz ging es gegen 18:00 Uhr auf den letzten Abschnitt Richtung Basecamp wo wir das Auto abgestellt hatten.
Aziz unser Guide erklärte uns, dass er und seine Familie zu der Volksgruppe der Tuareg gehören die schon seit Jahrhunderten zwischen den Ländern Mali, Algerien, Niger, Mauretanien und Marokko als Nomaden durch die Wüste ziehen. Seine Familie hat jedoch das Nomadenleben aufgegeben und einige leben in Algerien und einige In Marokko. Durch die Politischen Spannungen zwischen diesen beiden Ländern ist es leider zur Zeit nicht möglich einander zu besuchen. Aziz selber lebt etwa 2h von Merzouga entfernt. Das ganze Winterhalbjahr zieht er jedoch als Kamelführer mit Touristen durch die Wüste und macht dabei auch Touren die bis zu einem Monat andauern können. Aziz hat mich als Person sehr beeindruckt, er hatte stets ein lächeln auf den Lippen und sich hervorragend um uns gekümmert. Bei den Gesprächen mit ihm wurde mir immer wieder bewusst wie unterschiedlich unsere Leben sind, was jedoch in diesem Moment absolut keine Rolle spielte. Was mich ausserdem sehr beeindruckte, war dass Aziz mit seinem leben in der Natur sehr zu frieden war. Oft hat er davon gesprochen was für ein Glück er hat Zeit in der Natur verbringen zu dürfen. Weit weg vom alltags Stress der Städten oder was ganz schlimm für ihn wäre, einen Job in einem Büro vor dem Computer. Während den vergangen Reisen habe ich bei Konversationen mit Einheimischen auch ein wenig Neid verspürt sobald ich Ihnen sagte, dass ich aus der Schweiz komme. Bei Aziz war das anders, ich habe Ihm von der Schweiz erzählt und er würde wohl für kein Geld dieser Welt mit mir tauschen wollen.Von der Oase ritten wir schliesslich weiter in den Sonnenuntergang und die Wüste zeigte sich noch einmal von Ihrer schönsten Seite. Wir konnten vor dem Eindunkeln sogar noch einen Wüstenfuchs beobachten. Aziz liess sich von der Dunkelheit nicht beirren und brachte uns sicher ins Camp zurück. Nach dem besten marokkanischen Tajine Gericht ever, welches von Ahmeds Frau zubereitet wurde und einem ausgelassenen Tanz mit Aziz zu den klängen traditioneller Musik der Tuaregs, gingen wir todmüde schlafen.

Nach diesen beiden unvergesslichen Tagen in der Wüste, legten wir zuerst noch einen Tag Pause in Merzouga ein, bevor wir mit dem Auto weiterfuhren nach Ait Ben Haddou. Auf dem Weg dorthin durchfuhren wir wieder endlose, rote Steinwüsten und trafen immer wieder auf kleinen Orte mitten im nichts. Gegen Mittag erreichten die Oasenstadt Tingir wo wir uns verpflegten und im Anschluss einen kurzen Abstecher in die Todra Schlucht unternahmen. Auf der Strasse der Kasbas ging es dann zügig weiter. Pünktlich zu Sonnenuntergang trafen wir in Ait Ben Haddou ein. Der Ort ist eine befestigte Stadt am Fuss des hohen Atlas und liegt malerisch an einem kleinen Berghang. Die Stadt stammt aus dem 11. Jahrhundert und besteht grösstenteils aus ineinander verschachtelten Wohnburgen, welche aus Stampflehm gebaut wurden. Im alten Stadt Teil lebt heute kaum mehr jemand. Er dient als Freilichtmuseum und als Filmkulisse für zahlreiche Hollywood Filme z.B.Gladiator. Zum ersten Mal auf unserer Reise wurden wir auch mit den massiven Schäden des Erdbebens konfrontiert. Überall sah man grosse Risse in den Gebäuden oder auch Teile die eingestürzt waren. Tagsüber wurde überall saniert und ausgebessert und Armierungseinsen eingelegt zum stabilisieren der Gebäude. Die letzte Etappe führte uns noch einmal durch sehr abgelegene Bergdörfer über Telouet und den 2260m hohen Tizi n Tichka Pass. Es war noch gut ersichtlich, dass die Strassen in den Bergen von hunderten Steinschlägen verschüttet wurden durch das Erdbeben. Die Leute schliefen oft in aufgebauten Hilfszelten im Freien, da Ihre Häuser völlig zerstört waren oder nicht mehr bewohnbar.

Abschliessend kann man sagen, dass uns dieser Roadtrip noch einmal ein ganz anderes Marokko gezeigt hat als das Marokko in den Städten. Fährt man einige 100km aufs Land hinaus, sieht das Leben noch fast genau so aus wie vor 100 Jahren. Überall sieht man Schafe und Ziegen Hirte und eines der Haupt Transportmittel sind Esel. Genau diese Leute, wurden in ihren Lehmhäusern vom Erdbeben am härtesten getroffen und der kommende Winter mit Schnee und eisigen Temperaturen macht Ihnen grosse angst.

Cirill

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